Fachoberschule für Landwirtschaft Auer
Schlossweg 10, I-39040 Auer, Tel. 0471 81 05 38
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Zur Geschichte des Happacherhofs

Der Oberschule für Landwirtschaft stand zunächst für die Durchführung der praktischen Fächer kein Übungshof zu Verfügung. Für die Durchführung der Praktika wich man in die Laimburg aus, das Tierzucht-Praktikum absolvierten die Schüler im Stimpflhof in Aldein. Für die Fahrt ging wertvolle Zeit verloren. Da ergab sich im Jahre 1983 die Möglichkeit, in Auer den der Familie Botta gehörenden Hof zu kaufen. Der Hof umfasste 14 Hektar Obst- und Weinbaufläche.
Die Gebäude der Hofstelle in ihrer alten Substanz gehen auf das Jahr 1603/04 zurück. Die aus Sandstein gefertigten Tür- und Fenstereinrahmungen tragen die Jahreszahl 1603. Die Nachforschungen von Altbürgermeister Heinrich Lona ergaben, dass das Anwesen ursprünglich aus zwei Höfen bestand, dem „Hof unterm Berg“ und dem „Höfl unterm Berg“. Ein Hof war im Besitz der Familie Happacher, der andere der Familie Remich. Über die Familie Happacher sind wir recht gut informiert. Sie war offenbar eine angesehene Familie und stellte über mehrere Generationen die Bürgermeister der Gemeinde Auer.  

Eine interessante Entdeckung machte Gudrun Wagner aus Ludwigshafen, die das Archiv der Pfarre Auer sichtete und neu ordnete. Sie stieß auf einen Wappenbrief aus dem Jahre 1593. In ihm werden den Gebrüdern Leonhard und Christoph Happacher vom Tiroler Landesfürsten Ferdinand ein Wappen verliehen. Aufgrund der Besonderheit soll der Wappenbrief hier auszugsweise veröffentlicht werden.

 

Wir Ferdinand von Gottes genaden Erzherzog zu Österreich Herzog … Bekhennen offentlich mit disem brief und thuen khundt allermenigelich, das wir genedigelich angesechen wargenomen und betrachtet die Erber und schickhlichait, auch guette sitten, thugend und vernunfft, darmit unsere Tyrolische Landtßunderthonen und getrewe Leonhardt und Christoff die Happacher gebrüeder vor unserer fürstlichen Person berhiembt werden, fürnemblich aber die gehorsamben, Aufrichtigen und getrewen dienste, so Sy und Jere Voreltern, uns und unserm Hochloblichen Hauß Österreich zu Kriegs und fridenszeiten erzeigt und bewisen haben, dasselb noch thäglich thuen, und fürohin nit weniger zuthuen gehorsamisten anerbiettens sein, Auch wol thuen mügen und sollen, Und darumben mit wolbedachtem mueth, guettem zeittigem Rath, und rechter wissen, ermeltem Leonhardt und Christoffen den Hapachern gebriedern, allen Jeren Ehelichen leibserben, und derselben Erbenserben, Hernachgeschriben Wappen und Clainot, Mit namen ainen Schildt, durch wellichen vom hindern undern, Jn das vorder ober egg, ain Pach oder Wasserstrom gehend, neben gemeltem Bach bederseits die Veldung schwarz, und durch Yede ain gelb oder goldfarber wolckheter Strom, dem Bach nach über sich gestelt. Auf dem Schildt ain Stechhelm mit Schwarz und gelb oder goldfarben Helmdeckhen, und darob ainem diser farben gewundnem Pausch gezieret, Auf wellichem fünf lange Straussenfedern neben ainander gesteckht deren die Erst und fünfft schwarz, Ander und viert gelb oder gold und dritte oder mittere Weyß oder Silberfarb ist, Wie dann sollich obgeschriben wappen und Clainot, Jn mitte dises briefs gemalet, und mit farben aigentlicher außgestrichen sein, Von newem gnedigelich verlichen und gegeben haben ...

 

Pfarrarchiv Auer / Signatur XXVII /G /16 - Bestell-Nr. 349 / Wappenbrief Happacher, 1593, / Transkription: Gudrun Wagner, Ludwigshafen/Rh., Mai 2003.

 

Die weitere Geschichte des Happacherhofes müsste noch erforscht werden. Unter anderen soll auch die Familie „von Canzan“ im Besitz des Hofes gewesen sein. 

Recht gut dokumentieren lässt sich die Geschichte der letzten 100 Jahre. Im Jahre 1911 erwarb Theodor Steinkeller den Hof von Adriano von Malfér. Die Familie Steinkeller war im Obsthandel tätig und belieferte von Bozen aus die Monarchie mit Obst. In den 20er Jahren kam die Firma mit den Veränderungen, die sich durch den 1. Weltkrieg ergaben, noch gut zurecht. Theodor Steinkeller plante, den Obsthandel mit dem in Auer produzierten eigenen Obst zu betreiben. Sicher gehörte auch er zu den Pionieren des Obstbaus. Allerdings wirkte sich die Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre auch in der Obstwirtschaft aus, was dazu führte, dass Theodor Steinkeller in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und den Hof nicht mehr halten konnte. Der Hof wurde im Jahre 1938 zwangsversteigert. Ersteigert wurde er von der Ente di Rinascita, die es sich zur Aufgabe machte, Höfe in Südtirol aufzukaufen, um sie italienischen Interessenten zukommen zu lassen. Nach Aussagen von Hansjörg Steinkeller soll der Präfekt von Bozen gesagt haben, dieser Hof müsse in italienische Hände kommen. Neuer Besitzer wurde Giovanni Botta aus Rovereto. 
Die Familie Botta ließ den Hof von einem Vorarbeiter bewirtschaften. Da in das Anwesen nichts investiert wurde, war es zuletzt heruntergewirtschaftet. Viele Gründe wurden verkauft, sodass von den im Jahre 1938 noch vorhandenen 45 Hektar beim Ankauf durch das Land nur mehr 14 Hektar übrigblieben.
Im Februar 1984 wurde der Ankauf des Bottahofes mit der Zweckbestimmung als Übungshof für die Oberschule für Landwirtschaft durch die Landesverwaltung getätigt. Nach dem Ankauf des Hofes stellte sich die Frage, welchen Namen er tragen sollte. In Auer war immer noch die Bezeichnung "Steinkellerhof" im Umlauf. Üblicherweise werden die Höfe in Auer aber nach den letzten Besitzern benannt. Die Landesregierung beschloss schließlich, den Hof nach der Familie Happacher zu benennen.
Im Jahr 1989 wurde die umfangreiche Restaurierung und Adaptierung der Hofstelle abgeschlossen, ebenso die Erneuerung der Obst- und Weinbauanlagen. Nun stand der Happacherhof der Oberschule für Landwirtschaft als wichtiger Lernort für die Übungen und praktischen Lernphasen in vollem Umfang zur Verfügung.
Damit begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Hofes.